Patrick unterstützt das Projekt „Lebendige Alster“ vom BUND Hamburg, der Aktion Fischotterschutz und dem NABU Hamburg. Es wurden Kies, Steine und Holzelemente in den Alsterarm in Poppenbüttel eingebracht.

 Patrick

„Wir verstehen es zwar immer noch nicht, aber wenn es dein Weg ist, dann ist das so.“ So oder so ähnlich klingt meine Familie, vor allem meine Eltern, wenn wir mal wieder eine Feierlichkeit planen und mein Speiseplan zur Sprache kommt.

Und wer will es ihnen verübeln? Ich selbst würde es ja auch nicht glauben, wäre ich nicht derjenige, der mein Leben lebt. Das liegt wohl vor allem auch daran, dass ich damals der Meinung war, mir würde alles schmecken, solange ich noch Fleisch hinzufügen kann. Fragt mich nicht … Ich war halt … Naja, lassen wir das.

Meine erste richtige Berührung mit veganer Ernährung hatte ich damals, 2014 muss das gewesen sein, als ich mit meiner damaligen Freundin zusammenkam. Sie war Veganerin, hatte aber nicht einmal im Ansatz vor, mich zu bekehren. Die einzigen Regeln waren, dass es bei ihr nur vegan gibt, und dass sie eine ihrer Pfannen bei mir lagert, damit sie sich auch bei mir mal was braten kann. Totes Tier, und nichts anderes ist Fleisch ja, hatte sie mich gebeten, aus dieser Pfanne fernzuhalten, was für mich selbstverständlich war.

Doch ich wollte mehr.

Ich wollte selbst vegan werden, damit sie, wenn wir uns mal küssen würden, nicht das Steak von kurz zuvor knutschen musste. Ich wollte also testen, wie es so ist, vegan zu leben. Und wir alle wissen, dass es 2014 noch nicht so leicht war, sich umzustellen, wie es das heute ist. Klar gab es schon die ersten Versuche von Ersatzprodukten, und manche von ihnen waren schon recht akzeptabel, aber insgesamt lief es darauf hinaus, viel mehr selbst zu kochen, als zuvor noch.

Aber es klappte.

Ich leerte meinen Kühlschrank (was noch brauchbar war, verteilte ich an meine Nachbarn, um es nicht entsorgen zu müssen), und kaufte einen Grundstock an veganen Lebensmitteln. Die Preise insgesamt waren zwar höher, das möchte ich nicht leugnen, und selbst machen kostet auch einiges an Zeit, aber das war es mir wert. Leider hielt die Beziehung nur etwas mehr als einen Monat, und als dieser um war, verfiel ich in meine alten Muster zurück.

Allerdings hielt dieser Rückfall nur bis 2015 an.

Eines Tages, ich lebte bereits wieder in meiner Heimatstadt Hamburg, kaufte ich einen Tag lang nur vegan ein, zunächst ohne es zu merken (fiel mir erst beim Verzehr auf). Als ich dann am nächsten Tag meinen gewohnten Frühstückseinkauf (Kalter Kaffee to go, ein zwei Wraps/Sandwiches und zwei drei Dosen Sparkling Icetea) machen wollte, stellte ich die Sandwiches mit dem Gedanken „Das ist aber nicht vegan.“ ins Kühlregal zurück. Für einen Moment fragte ich mich, was ich da gemacht hab, und ob ich noch ganz frisch unter dem Synapsendach war. Aber anscheinend wollte irgendwas in mir schauen, ob es mal wieder ohne tierische Produkte geht. Also stellte ich mir selbst die Herausforderung, zu schauen, wie lange ich es durchhalte und nahm diese dann auch gleich an.

Dieser Versuch dauert bis heute an.

Mit der Zeit, schon während der ersten Recherchen nach Ersatzprodukten und auch in einer kleinen Küche leicht nach zu kochenden Rezepten stieß ich auf Hintergrundinformationen zu tierbasierten Lebensmitteln und deren Produktionsumständen. Auch meine Kontakte in die Tierschutzszeneblühten auf und auch ich selbst wurde aktiver. So kam es dann, wie es kommen musste – Aus dem Selbstversuch wurde Überzeugung.

Ich glaube auch, dass es das war, was mir die Jahre irgendwie zum Anstoß gefehlt hat – Überzeugung. Ich war schon immer für Umweltschutz und Tierschutz, aber den Bogen zur veganen Lebensweise habe ich irgendwie nie bekommen. Wohl auch deswegen nicht, weil mir manche Lebensmittel irgendwie ans Herz gewachsen waren (dachte ich) und ich nicht ohne diese konnte (dachte ich). Ich glaube übrigens auch fest daran, dass es Überzeugung ist, was wir brauchen, um unsere Botschaft und das Wohl der Tiere in die Welt zu tragen. Überzeugung. Es bringt nichts, es nur mit der Brechstange des schlechten Gewissens zu versuchen, einen auf moralisch überlegen zu machen, und die Welt missionieren zu wollen.

Ich sehe es wie in meiner alten Zeit als Kundenberater für ein Telekommunikationsunternehmen. Bei diesem Job war einst der Verkauf von Zusatzprodukten etc eine tragende Säule meines Gehaltes. Und die wenigsten Kunden blieben bei den verkauften Waren, wenn sie überredet wurden. Kunden aber, die überzeugt wurden, haben weitaus seltener widerrufen. Übertragen auf unsere Verpflichtung der Natur gegenüber bedeutet das, dass wir ein Bewusstsein und ein Verständnis schaffen und dieses mit dem Selbstanspruch der Menschen verbinden müssen. Wir dürfen sie nicht dazu überreden, die Natur zu schützen, mit Anschuldigungen zum Beispiel. Stattdessen müssen wir es schaffen, die Menschen zu überzeugen, dass ihre Tier- und Naturliebe (welche ein Großteil der Bevölkerung ja mitbringt) im letzten Schluss auch bedeutet, auf die vegane Lebensweise umzusteigen. Dafür aber braucht es Geduld und Zeit. Mal weniger (siehe bei mir), mal mehr.

Und da die Liebe oftmals durch den Magen geht (Habe ich schonmal „siehe bei mir“ gesagt?), sollten wir es den Leuten auch immer wieder zeigen, dass es mittlerweile so gute Alternativen gibt (Nein, Alice, ihr seid nicht gemeint, setz dich wieder in die braune Ecke), dass ein Umstieg nicht mehr so schwer ist, wie wir es einst glaubten.
Manchmal ist der Umstieg so leicht, dass er nicht einmal mehr auffällt.

Und selbst in Teilen meiner Familie kam es in kleinen Teilen bereits zum Umdenken.
Zwar verstehen sie meinen Umstieg noch immer nicht, aber Teile haben bereits begonnen, ihren Fleischkonsum einzuschränken (vor allem bei Unternehmungen mit mir). Und ich finde, wenn wir die Menschen dazu bekommen, freiwillig viele kleine Schritte zu gehen, kommen wir viel leichter und schneller ans Ziel, als wenn wir sie mit Zwang in einem Schritt ins Ziel zu treten versuchen.

Verfasst am 16. Oktober 2021