Astrid

Bereits vor 17, 18 Jahren, kurz nach Beginn des 21. Jahrhunderts (!), ernährte ich mich vegan. Das ging allerdings nicht lange gut – nur so ca. ein halbes Jahr, schätze ich. Das Projekt scheiterte schnell an fehlenden Informationen über die Tierindustrie, an muffigen Aufstrichen und trockenen Burgern, die beim Braten in 1000 Krümel zerbröselten, um dann zwischen den Zähnen kleben zu bleiben. In Zeiten ohne Social Media und ohne die Vielfalt an veganen Lebensmitteln, wie wir sie heute kennen, kam ich mit meiner Vorstellung von einem leidfreien Tierleben nicht wirklich weit und mein Enthusiasmus geriet schnell ins Stocken. Was für ein Dilemma! Dann kam jemand um die Ecke, der sich die „artgerechte Nutztierhaltung“ auf seine Fahnen geschrieben hatte. Das war doch mal was! Heute dreht sich mir bei dem Begriff „artgerechte Nutztierhaltung“ der Magen um, aber damals schien mir das ein gangbarer Weg zu sein. Richtige Freude oder gar Genuss wollten sich trotzdem nicht einstellen und schon bald haderte ich mit dem Ausweg, der in Wirklichkeit keiner war. Doch anstatt die Konsequenzen zu ziehen, fiel ich wieder auf eine Lüge herein: Dieses Mal war es die Biolüge, die mich ausbremste. „Bio“ war das Zauberwort für Tierwohl: Bio-Fleisch, Bio-Aufschnitt – da schmeckte man doch gleich das Glück des Tieres. Zumindest bildete ich mir das ein und gab ein Vermögen für meinen geliebten Käse – in Bioqualität versteht sich – aus. Irgendwann hatte es sich aus-ge-bio-t und ich entdeckte den Fisch für mich. In meiner Vorstellung sah ich glückliche Heringe, die in der Ostsee schwammen, oder Lachse und Forellen, die sich in friedlichen Wassern tummelten. Mehr und mehr kehrte ich unbemerkt zu den alten Ernährungsgewohnheiten mit Eiern, Milchprodukten und Fleisch zurück. „So schlimm wird es schon nicht sein“, dachte ich. Tja, die Werbe- und Lebensmittelindustrie hatten ganze Arbeit geleistet. Während der vielen Jahre war ich mal mehr, mal weniger im „Haustier“schutz engagiert. Ich hatte das Gefühl, als tierliebender Mensch etwas Gutes zu tun. Und dann sah ich es – das Schild, auf dem nur wenige Worte standen: „Frische Bratwurst aus der Region – nur 1,50 €! DER ERLÖS GEHT AN DIE TIERE!“ Endlich hatte ich verstanden…Endlich!
Das ist ca. anderthalb Jahre her und seit dem engagiere ich mich im Tierrecht, wo und wann immer es geht. Ich diskutiere mit Menschen auf der Straße und sonstwo, stehe vor Schlachthöfen und ja, manchmal kann ich nicht mehr. Dann hilft es sehr, auf einem Lebenshof meinen Akku aufzuladen und sich daran zu erinnern, dass ich nicht alleine bin. Es gibt Euch, die ihr so denkt wie ich. Und meinen Ehemann, ebenfalls vegan.