CAMILLOS Geschichte

Camillo lebt nicht mehr

Es ist so viel stiller geworden im Hühnerauslauf, denn Samstag vor einer Woche musste ich unseren Zwergseidenhahn Camillo einschläfern lassen. Ich kann es immer noch nicht fassen und bin sehr traurig. Ich werde es mir lange nicht verzeihen können, es nicht eher bemerkt zu haben. Am Freitag zuvor hatte ich kurz so ein diffuses Gefühl oder einen Eindruck, dass er anders ist. Richtig bewusst geworden ist mir das aber erst nach seinem Tod. Am Samstag hat er mit allen gegessen und als er dann weggegangen ist vom Napf sah ich ein ganz leichtes Humpeln, deshalb wollte ich mir die Krallen anschauen. Als ich ihn hochnahm, sah ich etwas Kot im Gefieder und ein paar Maden. Da hab ich ihn sofort mit rein genommen und wollte ihn sauber duschen. Dann im nassen Gefieder sah ich große Löcher in seinem Hinterleib aus denen dutzende Maden quollen. Ein Horror. Mir war wohl sofort klar, dass ich nix mehr für ihn tun kann, aber es war ein Schock. Sein letztes Foto ist von seinem letzten Essen, das ich vielleicht 15 Minuten zuvor gemacht habe, bevor mir klar wurde, dass er keine Chance mehr hat.
Unser Haustierarzt von den Hunden und Katzen hatte Notdienst, das war die einzige Erleichterung. Er und seine Frau haben mir mehrfach erklärt, dass sowas extrem schnell geht bei den heißen Temperaturen, die wir hier durchgängig haben: Eine kleine Verletzung, die Fliegen legen Eier hinein, die Maden entwickeln sich im Gewebe und wandern in den Körper und wenn sie dick gefressen
sind, kommen sie wieder raus. Sie haben mir versichert, sowas kann sich innerhalb von zwei/drei Tagen entwickeln. Meine Verzweiflung über seinen Tod lindert das Wissen nicht. Camillo liegt nun auf dem
bisher nicht genutzten Geländeteil unseres Refugiums in Karlshöfen. Es tut mir alles so unendlich leid.

Gerade hatte sein so richtig gutes Leben angefangen. Erst jetzt ist mir aufgefallen, dass ich Camillos Geschichte noch gar nicht aufgeschrieben hatte und das hat mich nochmal richtig traurig gemacht. Es ist einfach so, die Arbeit mit und für die Tiere geht immer der digitalen Arbeit vor, gerne möchte ich immer alles schaffen, aber das ist nicht realistisch.

Camillo war quasi eine Zugabe zum Haus in Karlshöfen, er wurde mir ohne Absprache von der Verkäuferin da gelassen und ich wollte ihn dann auch nicht mehr in den Händen von ihr wissen. Die Zeit von der Übergabe des Hauses Anfang August bis zu meinem Einzug Anfang Dezember letzten Jahres war eine Herausforderung, wir haben es aber hin bekommen das alle zwei spätestens drei Tage jemand von uns nach ihm schaute und ihn versorgte. Er hatte einen ca. 250 qm großen bewachsenen und mit Bäumen bestandenen Auslauf zur Verfügung. Aber sein Stall war immer offen. So war es auch noch vor dem Umzug ein wichtiges Anliegen, den Stall mit einer Türe und einem neuen Dach zu ertüchtigen. Ab Dezember hatte Camillo tägliche Versorgung und Ansprache und er genoss das. Sogar eine Patin fand Camillo. Wir warteten auf eine Witterung bei der auch ausrangierte Legehennen sofort ins Freiland ziehen konnten. Mitte April war es dann soweit und seine fünf Freundinnen zogen bei ihm ein. Camillo war vom ersten Moment an sehr angetan von seiner Gesellschaft. Er begleitet, war nie aufdringlich und genoss diese weitere gute Entwicklung. Die ersten ungefähr vier Wochen war er in der Nähe der Hennen und in den darauffolgenden Wochen war er immer mittendrin. Warum sein perfektes Glück nur auf den Tag genau acht Wochen währen durfte, verstehe wer will, ich nicht. Es ist die Suche nach dem Sinn, der trösten soll. Und auf jeden Fall war Camillos Leben sinnerfüllt, denn seiner unverhofften Existenz verdanken die fünf Freundinnen ihr Leben in unserem Refugium. Wahrscheinlich wären hier irgendwann Hühner eingezogen, aber jedenfalls nicht so schnell und damit nicht diese.

Und seither schaue ich bei den fünf Freundinnen genauer hin, nehme sie jeden Tag hoch und kontrolliere Bauch und Kloake. Sie finden das nicht so doll. Aber immerhin habe ich deshalb wohl zügig bemerkt, dass Farah eine Veränderung am Kropf hat. Beim Tierarzt vor Ort habe ich nur eine telefonische Beratung bekommen, es werden wohl eher Hühnerbestände „behandelt“ als einzelne Tiere. Immerhin habe ich den Hinweis bekommen, dass es sich wohl um eine Kropfverstopfung handelt und konnte im Internet dazu lesen. Am vergangenen Mittwoch habe ich dann doch mal eine tierärztliche Untersuchung für Farah gewünscht, meine Erfahrung mit Camillo hängt mir ja nach. So bin ich mit ihr am Nachmittag in die Sprechstunde einer vogelkundigen Tierärztin nach Bremen gefahren. Die Diagnose wurde bestätigt. Ich soll Farahs Kropf massieren und sie bekommt nun Bio-Ananas Direktsaft, damit sich die Knäuel in ihrem Kropf durch die Ananas-Enzyme besser auflösen und weiter transportiert werden können. Ansonsten „sähe sie für eine Legehenne sehr gut aus“. Im Moment tröstet mich das wenig und ihr Zustand ist noch relativ unverändert. Vielleicht muss ihr der Knäuel doch operativ entfernt werden. Aber sie isst, trinkt, ist aktiv und setzt Kot ab. Bitte drückt Farah die Daumen!

Es ist so ruhig hier geworden im Hühnerauslauf und auch da hat Camillos Leben einen Sinn erfüllt, denn sein Platz wird nicht freibleiben, sondern wird einem der unzähligen nicht gewollten Hähne als Lebensrettung und -platz dienen. Ich muss nur erstmal schauen, dass es allen fünf Freundinnen wieder gut geht. Ich habe nun von Rettet das Huhn e.V. zwei verschiedene Tierärzte in der Umgebung (etwas unter einer Stunde Fahrtzeit) benannt bekommen, die auch über gute Behandlungsmöglichkeiten in ihren Praxen verfügen. Sobald wir einen Hühner-Tierarzt für uns gefunden haben und es Farah besser geht, kann der Nachfolger von Camillo einziehen. Camillo ist und bleibt der Anfang von allem Hühnerleben in unserem Mit Tieren leben – Refugium. Wir denken in Liebe an ihn.

Verfasst am 18. Juni 2023

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Fünf Freundinnen für Camillo

Nächsten Samstag ist es soweit, dann ziehen hier die fünf Freundinnen für Camillo ein. In den frühen Morgenstunden werden wir sie am Haltepunkt abholen können. Bei unserem ersten Arbeitstag in Karlshöfen wurde auch der Stall für den Einzug vorbereitet, wir sind sehr dankbar für die tatkräftige Unterstützung.

Die fünf Freundinnen von Camillo haben noch keine Namen, damit Sandra sich die schnell merken kann und weil wir es für die fünf Freundinnen für ein schönes Omen halten, sollen sie alle Namen mit „F“ bekommen, denn es wartet auf sie Freude, Freiheit und Frieden. Wir freuen uns über Namensvorschläge. 

Für die Fünf würden wir nach den Empfehlungen von versierten Hühnerretterinnen gerne noch Korvimin, Alamin T und Bierhefe zum Streuen vorhalten (nur in der für eine Sechsergruppe angemessenen Menge). Damit und mit einer (Namens-) Spende könnt Ihr uns toll unterstützen. Wir haben in unserem Spendenformular, den Verwendungszweck Hennenrettung aufgenommen. Alsbald werden wir noch weiteren Badesand und Hanfeinstreu bestellen, da wollen wir aber abwarten, wie die fünf Freundinnen die bisherige Auswahl finden. Camillo ist hoch zufrieden und das sollen die geschundenen Hennen ja auch werden.

Wir übernehmen sie von Stark für Tiere e.V., die Hennen stammen aus einer Ausstallung und bisher sind erst gut 600 der ca. 1000 Tiere vermittelt, so das dann bei der Ausstallung ein Transporter in den Tod fährt und der andere ins Leben. Eine ganz scheußliche Vorstellung, aber eben die Realität. Legehennen werden mit max. eineinhalb Jahren ausgestallt, sprich zur Tötung freigegeben. In der Legehennenhaltung sind die Tiere immer nur Produktionsmittel, nie fühlendes Lebewesen. Das gilt für alle Haltungsformen. Daher werden wir auch nicht müde Euch -soweit Ihr es nicht eh bereits macht- dazu zu ermutigen auf das „Produkt Ei“ zu verzichten. Gerade Ostern eignet sich als Fest der Auferstehung doch gut für eine innere Auferstehung für das Leben und den Entschluss zu einer tierleidfrei(er)en Lebensweise. Wer sich einmal klar macht, warum eine Henne ein Ei legt und wie oft sie es nur tun würde, hätte man den Tieren nicht eine abartige „Legeleistung“ angezüchtet, denkt doch anders über ein Ei. Und schmecken tut es dann doch auch nicht mehr.

Wir haben entschieden, den Tierschutzkolleginnen von Stark für Tiere e.V. eine Spende in Höhe von 250 Euro für die Rettung „unserer“ Hennen zukommen zu lassen. Es ist immer schwer zu wägen, was angemessen ist für eine Lebensrettung, denn jedes Leben ist unbezahlbar. Wir freuen uns über jeden Beitrag auch dazu.

Einige von Euch werden es gesehen und gelesen haben: Von unserem Kooperationsverein waren gerade über 20 Ehrenamtliche in Rumänien und haben in allen Hunde(auffang)lagern mit denen ProDogRomania e.V. zusammenarbeitet, angepackt und Hunde erfasst. Daher sind unzählige neue Hunde in die Hundegalerie gekommen und warten nun nicht mehr ungesehen auf ihre Rettung. Hundeopis und -omis, Welpen, die ins Elend geboren wurden, Verzweifelte und welche, die den Mut nicht verlieren, versehrte Körper und Seelen und viele den Menschen so sehr liebende Hunde. Wer von Euch einen Platz bei sich frei hat, kann sich sehr gerne bei uns melden und wir unterstützen bei der Aufnahme. Sandra ist auch gerne bereit einen ausgesuchten Hund zunächst in unserem Refugium in Karlshöfen aufzunehmen um die ersten Tage und vielleicht die Zusammenführung mit einem schon vorhandenen Hund zu unterstützen. Jedes gerettete Leben zählt!

Mitte / Ende Mai wollen wir gerne den nächsten Arbeitstag in Karlshöfen schaffen. Wer Interesse hat, dabei zu sein, meldet sich gerne jetzt schon für eine gemeinsame Terminfindung sandra.gulla@mittierenleben.de

Nutzt Ostern für gute Ideen und Vorhaben, so wird es ein wahrhaftes Fest der Auferstehung!

Verfasst am 09. April 2023