Walschützer sein ist einfach 

Walschützer sind fast alle, die ich kenne. Walschützer zu sein, hat aber auch kaum Konsequenzen für einen selbst. Vielleicht spendet man mal an Greenpeace oder Sea Shepherd, doch mehr muss ich nicht tun, um Walschützer zu sein. Und die Bösen, die Tierschlächter und Tierquäler das sind die anderen, denn lange vorbei die Zeiten als auch Kinder in unseren Breiten zumindest noch zur Stärkung Wal-Tran bekamen. Wir können also enthusiastische Walschützer sein, ohne irgendetwas an unseren Sichtweisen oder Verhaltensweisen ändern zu müssen. Robben bieten sich übrigens auch an. Nein, wir sind für das Walschlachten nicht verantwortlich. Für uns muss kein Wal sterben. 

 

Vielmehr sind wir solidarisch mit den Giganten der Meere, wir erkennen ihre Schutzbedürftigkeit und Einmaligkeit an und deshalb können wir auch so überzeugte Walschützer sein.

Schwieriger ist es da zum Beispiel mit Hühnern. Ich habe schon einige Hühner gerettet, doch die meisten von uns essen Hühner. Wir verfüttern Hühner im Heimtierfutter an unsere Hunde und Katzen, sogar Eintagsküken verfüttern wir an Exoten. Das ist ein Dilemma.  

Weiter hilft mir da Albert Schweitzer: „Ethik, die uns Ehrfurcht vor allem Leben und Liebe zu allem Leben lehren will, muss uns zugleich in schonungsloser Weise die Augen darüber öffnen, in wie vielfacher Weise wir uns in der Notwendigkeit befinden, Leben zu vernichten und zu schädigen, und in welch‘ schweren Konflikten wir uns ständig bewegen, wenn wir wagen, uns nicht durch Gedankenlosigkeit zu betäuben.“ (Die Ehrfurcht vor dem Leben) 

Ja, es sind schwere Konflikte, in denen wir uns bewegen, aber sie nicht zu haben, geht nur mit Gedankenlosigkeit und das ist nun wahrlich kein erstrebenswerter Zustand.  

Also fangen wir doch einfach irgendwo an: Uns bewusst zu machen, dass auch ein Huhn schutzbedürftig und einmalig ist. Dass es nicht richtig sein kann, wenn ein Lebensmitteldiscounter mit drei Hühnern für 3,99 Euro wirbt. An den 3,99 Euro für drei Leben hat der Handel verdient, der Schlachthof und der Erzeuger. Was bleibt da wohl übrig für die drei Lebewesen und ihre Haltungsbedingungen? Andersherum gefragt, wie müssen die Haltungsbedingungen aussehen, damit zu solchen Preisen produziert werden kann? Grausam!  

Ein Jahr ohne Hühnerfleisch rettet entsprechend dem Durchschnittsverbrauch der Deutschen 13 Hühnern das LebenSicher, macht nur Sinn, wenn man stattdessen keine anderen Tiere isst. Eine dreiköpfige Familie kommt da schon auf eine ordentliche Schar geretteter Hühner. Es könnte auch der Versuch sein Huhn nur noch einmal im Monat und dann von Neuland oder dem Biobauern. Und wenn schon Eier, dann nur die aus der Biohaltung. Ist auch kein Traum für die Tiere, aber die beste Alternative zum ohne Ei. Oder die Überlegung, eigene Hühner zu halten. Bei der nächsten Rettungsaktion dabei zu sein und solche tapferen Wesen wie Heidi kennen zu lernen. Heidi, die nicht weiß, welch unglaubliches Glück sie hatte und jetzt eine Hoffnungsträgerin für mich ist. Sie trägt für mich die Hoffnung, dass immer mehr Menschen Hühnerschützer werden. 

Und bitte, nicht falsch verstehen: Ich bewundere die Greenpeace-Aktivisten, die sich zwischen die Wale und die japanischen Walfänger begeben sehr und Paul Watson, der Gründer von Sea Shepherd, ist einer der Menschen, der mich in seinem kompromisslosen Einstehen für die Sache, die er zu seiner eigenen gemacht hat, stets tief berührt. Sein ganzes Leben widmet er den Meeressäugern. 

So große Helden brauchen wir gar nicht sein, um auch wesentliches Leid von Tieren fern zu halten. Aber ganz ohne unsere Einstellungen und Verhaltensweisen in Frage zu stellen und zu verändern, wird das mit dem Hühnerschützen jedenfalls nichts. 

In der Rede zu seinem Amtsantritt 1994 stellte Nelson Mandela fest: „Unsere größte Angst ist nicht, dass wir nichts taugen. Unsere größte Angst ist, dass wir maßlos stark sind. Es ist unser Licht, nicht unsere Dunkelheit, vor der wir uns am meisten fürchten.“ 

Leben wir unser Licht – auf dass auch das Leben für die Tiere heller wird.  

verfasst Februar 2013