Von der Gewissheit, dass etwas Sinn hat 

Da kann man alleine doch gar nichts machen. Eine gern bemühte Reaktion, wenn wir über eklatante Tierschutzverstöße berichten oder die grauenvollen Zustände in den verschiedenen Tiernutzungsbereichen schildern.  

Und auf den ersten Blick stimmt das ja auch. Alleine verändert man nicht die Welt. Sicher es gibt solche Menschen. Nelson Mandela, Rosa Luxemburg oder Martin Luther King fallen mir da sofort ein. Mir wurde an meinem 25. Geburtstag klar, dass ich niemals allein die Welt verändern kann. Meine Oma hatte mir schon etliche Male vorher gesagt, ich werde ja nun ein Vierteljahrhundert alt. 

Wahrscheinlich wollte sie mir so mitteilen, dass ich nun sehr erwachsen bin und mich auch so zu benehmen hätte. Ich fühlte mich dadurch steinalt und beim Nachdenken darüber, was ich aus meinem Leben machen könnte, wurde mir doch auch schmerzhaft bewusst, dass ich die Welt nicht ändern werde. Ich war damals schon länger im Tierschutz aktiv und interessierte mich bereits sehr lange für Gerechtigkeitsthemen. Aber genau mit vollendetem 25. Lebensjahr wurde mir klar, dass ich im Bereich des Mittelmäßigen agieren werde. Aber das Gefühl oder den Eindruck nichts tun zu können, hatte ich damals nicht und in den seither fast 25 vergangenen Jahren auch nicht. Ich denke, man kann immer was tun! Erst hatte ich die Idee, hier ganz viele Möglichkeiten aufzuschreiben, was man so tun kann, ganz für sich oder auch gemeinsam mit anderen. Aber dazu kann man sich ja vielfach informieren. Wenn man sich allerdings erst dann einbringt und engagiert, wenn man sicher ist, da wird was Großes draus oder man bewegt Welten, dann wird das wohl nichts. Und wahrscheinlich ist das die größte Herausforderung, die man annehmen muss, das man Kraft und Mut aufwendet, ohne den großen Erfolg zu erringen, vielmehr Rückschläge einstecken und vor allem Ausdauer haben muss. Im Tierschutz sind mir immer wieder Menschen begegnet, die voller Ideen und Elan starten und sich dann nach ein bis zwei Jahren erschöpft zurückziehen, weil sie sich nicht mehr erfüllt fühlen. 

Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hategal, wie es ausgeht. Dieser Satz des Schriftstellers und Freiheitskämpfers Václav Havel begleitet mich seit vielen Jahren. 

Für mich empfinde ich diese Gewissheit, dass mein Tierschutzengagement Sinn hat. Klar, manchmal frage ich mich auch, wofür ich meine Kraft und Zeit einsetze. Wohlwissend, dass beides endlich ist. Ich kenne meine schwachen Momente, sie kommen immer dann, wenn ich das Gefühl habe, mich doch wieder nur um menschliche Bedürfnisse kümmern zu müssen und schon kaum noch klar bekomme, was von meinem Bemühen überhaupt noch bei den Tieren ankommt. 

Aber in meinem Tierschützerinnenleben gibt es aber auch Momente, die sich in mein Gehirn eingebrannt haben und die ich abrufen kann, wenn ich unsicher werde.  

Ich erinnere mich an einen Freitagabend vor ungefähr drei Jahren in Ploiesti, Rumänien, als ich mit der Tierschützerin Mihaela Teodoru unterwegs war. Nach einem fordernden Arbeitstag im Hundelager Bucov nahm sie mich noch zu „Erledigungen“ mit. Die Fahrt führte uns zu einer Metzgerei. Dort erhielten wir große Plastiktüten mit Knochen. Die Tüten brachten wir ans andere Ende der Stadt zu einer über 70 Jahre alten Tierschützerin, die die Knochen auskochen würde und so Reissuppe für die von ihr versorgten Katzen und Hundestreuner herstellte. Um die großen Tüten zu transportieren, hatten wir eine klapprige Sackkarre, damit fuhren wir die Plastiktüten vom Parkplatz in das einfache Zuhause der Tierschützerin. Unser Weg führte vorbei an der Terrasse einer Bar, die an diesem Freitagabend im Sommer gut gefüllt war: Schick gemachte, gut gelaunte Menschen nahm ich dort wahr, während wir in stinkenden Klamotten erschöpft die Knochen transportierten. Ganz kurz fühlte es sich für mich so an, als würde die Situation stillstehen und alles kam mir völlig irreal vor. Doch schon im nächsten Moment war ich sehr, sehr glücklich und wusste ganz genau, dass ich gerade das Richtige tue und für nichts in der Welt mit den feiernden Leuten in der – wie ich später erfuhr, gerade sehr angesagten – Bar tauschen wollte. Ich muss immer lächeln, wenn ich an den Moment denke. Ich war erfüllt. Ich war dankbar, diesen beiden Tierschützerinnen und den von ihnen mit aller Kraft versorgten Tieren zu helfen. Solche Momente kann man im Tierschutz erleben. Ich wünsche Sie Ihnen von Herzen! 

verfasst Juli 2018