Sprache als Macht zur Befreiung der Tiere 

Immer wieder mal wird mir mit Unverständnis begegnet, wenn ich davon spreche oder schreibe, dass meine Katzen essen und meine Hunde trinken. 

Man erklärt mir, Tiere würden nun mal fressen oder saufen. Aber stimmt das? Ist Fressen schlicht die Beschreibung des tierlichen Essens? Wenn wir diese Worte in unsere Menschenwelt übertragen merken wir schnell, es sind keine neutralen Begriffe, sondern sie werten einen Vorgang und bewerten damit auch denjenigen, der diesen Vorgang ausübt.

Ich glaube es war noch in der Grundschule, da gab es in so einem Rechtschreibübungsheft einen kleinen Witz, der ging so: Herren sind herrlich und Damen sind dämlich. Ich habe es nie mehr vergessen und es hat mich sensibilisiert für die Sprache und für das, was sie bewirkt. 

Sprache kann Gewalt sein, Sprache hat Macht. Jeder Krieg beginnt mit der Veränderung der Sprache, der Herabwürdigung des Gegners der zum Feind oder gar zum Parasit wird, sodass man ihn angreifen, verletzen oder gar töten darf.  

Wir führen einen Krieg gegen die Tiere täglich in Versuchslaboratorien, in Schlachthöfen und bei Säuberungsaktionen gerichtet gegen Hunde oder Tauben. Und unsere Sprache hilft uns dabei. Sie entfernt uns vom Tier und erhebt uns über das Tier.  

Du Sau! Du Affe! Du Schwein! Du Esel, Du Gans! Du Ratte! Du Tier! Und eigentlich wenn ich micso auf der Welt umschaue und  all die Ungerechtigkeiten und das Elend auf mich wirken lasse und ich mich frage woher das alles kommt, dürfte es eigentlich nur ein Schimpfwort geben: Du Mensch! 

Im Tierversuch wird aus dem Tier ein Tiermodell und es wird als normal empfunden von der Krebsmaus zu sprechen. Tja, macht es wohl einfacher diese krankgemachten Tiere nur noch als Material für den nächsten Versuch zu sehen.  

Entsetzt hat mich auch immer die Jägersprache, mit der dieses sinnlose und blutige Hobby in eine andere Sphäre gehoben werden soll. Da wird von Wild aufbrechen geschwafelt, was nichts anderes als das Ausweiden eines Tieres meint. Und es wird zur Strecke gebracht, zu dieser Leichenzurschaustellung nach der Jagd, meint also schlicht töten. Und auch bezeichnend für diese Geisteshaltung: Da wird von Achtendern gesprochen, der Hirsch also auf sein Geweih reduziert. Gut, wenn das schädelecht ist. Also nicht etwas ein abgeworfenes Teil des Geweihs, sondern bei der Tötung noch fest mit dem Schädel verbunden. Und wissen sie was die Jägerschaft mit zeichnen“  beschreibt? Die Bewegung oder die Schmerzäußerung eines angeschossenen Tieres. Ich kann nicht anders, es widert mich an, wenn so über Tiere und deren Tötung gesprochen wird. 

Alle haben wir gelernt, wie der Kampfbegriff einer Boulevardzeitung es geschafft hat aus mehreren Hunderassen in der öffentlichen Meinung bösartige und unberechenbare Bestien zu machen, die man verfolgen muss: Es waren jetzt Kampfhunde! Die damit transportierte Vorstellung von diesen Tieren hat maßgeblichen Einfluss auf die Gesetzgebung genommen. Sprache hat Macht! 

Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt. Diese Erkenntnis des Philosophen Ludwig Wittgenstein heißt für mich auch, wenn Tiere in der von mir ersehnten Welt eine andere Wertschätzung erfahren sollen, muss sich unsere Sprache dahin entwickeln, dass diese Wertschätzung überhaupt für alle Menschen „denkbar“ wird. 

So mag ich auch nicht mehr von den neuen Besitzern eines Tieres schreiben, denn ein Besitzer hat Besitz und Besitz bedeutet rechtlich die tatsächliche Herrschaft über eine Sache. Dann doch lieber Halter oder noch schöner Adoptant, beschreibt doch das Verhältnis viel sachgerechter.  

Eine sprachliche Ungerechtigkeit ist mir auch erst vor einiger Zeit bewusst geworden und seither heißt es bei mir wie bei anderen Tierrechtler*innen tierlich, auch wenn zumeist noch von tierisch gesprochen wird. Warum? Sie merken es gleich: kindlich –  kindisch, weiblich – weibisch, männlich – männisch. Ach, auch nicht verwunderlich, dass es dieses Wort gar nicht gibt in unserer Sprache.  

Die Befreiung der Tiere vom Joch der Ausbeutung und Verachtung muss auch in der Sprache beginnen. Seien wir achtsam, was wir so sagen, wenn wir über Tiere sprechen.  

Ich hoffe so sehr, ich konnte mich Ihnen verständlich machen. 

 verfasst Januar 2015