Leben und Haut für Pelz und Leder  

Hat sich seit meinen Schulzeiten in Düsseldorf als wir in unseren Freistunden zornig über die Tierausbeutung Aufkleber auf die Scheiben der Pelzgeschäfte auf der KÖ geklebt haben und ich diejenigen bewunderte, die sich trauten den Leichenträgerinnen mit Edding oder Kaugummi an den Pelz zu gehen, etwas geändert? Ist immerhin rund 30 Jahre her! 

In den letzten Jahren sind Pelzkragen, Pelzbesätze und Pelzbommel stark in Mode. Frau, aber auch Mann, sogar Kind schmückt sich mit befellter Haut, wie ich Pelz lieber nenne, weil es deutlicher macht, worum es sich handelt. Es ist ein Gerücht

oder auch nur eine willkommene Ausrede, dass diese Pelze „Abfälle“ der Pelzmantelherstellung oder gar der Fleischproduktion sind. Seit 2012 gilt EU-weit eine Kennzeichnungspflicht für Textilprodukte mit tierlichen Bestandteilen („Enthält nichttextile Teile tierischen Ursprungs“), Herkunft oder Tierart müssen aber nicht benannt werden. 

Unsere Pelze kommen hauptsächlich aus China. Deutschland ist noch vor den USA der Großabnehmer für chinesische Pelze. Jährlich werden allein über 10 Millionen Marderhunde gepelzt, wie das in Fachkreisen heißt 

Der Marderhund ist ein friedliches und genügsames Tier, deshalb kann man ihn so effektiv in quälerischer Käfighaltung zu Tausenden züchten. Der Marderhund ähnelt einer Mischform aus Marder und Hund, oder eher noch Kleinbär und Hund 

Diese Marderhunde werden nur für Pelzkragen und Pelzbesätze verbraucht.  

Auf nur einem chinesischen Tiermarkt werden wöchentlich tausende Tiere feilgeboten. Hat der Käufer sich für ein Tier entschieden, wird der Marderhund vor Ort mit bloßen Händen mit einer Eisenstange erschlagen. Er wehrt sich nicht mal richtig, dieser friedfertige Marderhund!  Auch die Häutung kann man gleich vor Ort erledigen lassen. Die Tiere werden vielfach noch lebend gehäutet.  

Und da ist dann dieser Pelzbommel auf der Mütze, gerne auch von Frauen getragen, die ihren Hund ausführen. Und ich frage mich: Macht so ein Bommel attraktiver, erotischer oder origineller? Was fehlt mir, wenn ich auf so einen Bommel verzichte und meine Mütze pur trage? Für mich ist der Bommel aus befellter Tierhaut ein Sinnbild für die gänzlich gedankenlose, absolut sinnfreie und völlig überflüssige Ausbeutung von Tieren zu menschlichem „Nutzen“. 

Auch wenn ich manchmal nach all den Jahren Aufklärung über die Produktionsbedingungen von tierlichen Produkten nicht mehr wirklich verstehen kann, warum die Leute so wenig wissen und ich dann wieder so zornig werde, habe ich mir fest vorgenommen in diesem Winter bei jeder Gelegenheit Pelzträgerinnen und Pelzträger zu fragen, ob sie wissen was sie tragen und zu versuchen sie aufzuklären. 

Echt Leder klingt bisher noch gut in unseren Ohren. Das sollte sich ändern. Die Tierart muss bei der Echt Leder“- Kennzeichnung so wenig bezeichnet werden, wie die Herkunft der Tiere. 

Unser Leder kommt zum größten Teil aus Indien und Bangladesch. Kinder schuften in den Gerbereien in Bangladesch unter erbärmlichsten Bedingungen. Zerstören ihre Gesundheit. In beißendem Gestank und im ständigen Kontakt mit Chemikalien, werden sie mit Chrom vergiftet.  Der durchschnittliche Verdienst im Monat 28 Euro. Es ist keine wirkliche Frage mehr, wie es dann wohl dort den Tieren geht, die ihre Haut für unsere Lederwaren hergeben müssen. 

Das Leder stammt überwiegend von heiligen Kühen aus Indien. Sie gehen von dort auf die 2.000 km langen Todestransporte nach Bangladesch, verschnürt wie Pakete auf- und nebeneinandergestapelt auf LKWs oder in auszehrenden Märschen. Billiges Leder beginnt halt mit billigen Tieren. 

Wenn die völlig erschöpften Tiere in Bangladesch ankommen, steht ihnen in den Gerbereivierteln ein qualvoller Tod bevor. Wie überall auf der Welt schauen die Tiere sich gegenseitig beim Sterben zu. Bangladesch ist ein islamisches Land, daher werden die Rinder geschächtet. Das heißt ihnen wird ohne Betäubung die Kehle durchgeschnitten und sie bluten aus. Sie brauchen lange um zu sterben, nicht selten wird ihnen die Haut vom noch lebenden Körper abgezogen. Jeder der sich über das Schächten empört, sollte dabei zuerst an seine eigenen Schuhe denken. 

Kinderarbeit, Umweltvergiftung und Tierqual sind drei gute Gründe um über die Anschaffung der nächsten Ledertasche oder des nächsten Lederschuhs nochmal nachzudenken. 

Ich bitte Sie von Herzen schauen Sie sich die Berichte des hervorragenden Journalisten Manfred Karremann zum Thema an. Es ist nicht schön sich das anzutun, aber es ist nichts gegen das, was den Menschen und Tieren angetan wird. Es ist doch das Mindeste, dass wir ihr Leid überhaupt wahrnehmen. 

verfasst Juli 2013, Link zu Manfred Karremann aktualisiert in 2020